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Der Lebenshof in Görlitz - Anerkennung finden

Die Region um Görlitz leidet seit 40 Jahren unter dem Wegzug von Leistungsträgern (Ausreise in der DDR, Wegzug durch wirtschaftliche Situation nach der Wende). Entsprechend findet sich hier ein besonders hoher Bevölkerungsanteil, der in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht Unterstützungsbedarf aufweist. Für Kinder und Jugendliche bedeutet dies vor allem, dass viele von ihnen hinsichtlich der Motivation zu Ausbildung und Arbeit und hinsichtlich der Persönlichkeitsstärke benachteiligt sind. Manche Jugendliche können die ihnen eingeräumten Chancen nicht ausreichend nutzen. Es handelt sich oft um Jugendliche, die auch vom sozialen Sicherungssystem nicht mehr aufgefangen werden. Hier setzt der Lebenshof an.

Die Lebenshof Ludwigsdorf gGmbH ist ein sozialer Betrieb mit der Zielstellung, Jugendlichen an der ersten und zweiten Schwelle eine Chance für ihre berufliche Entwicklung zu geben, auch wenn sie die ihnen bereits vorher eingeräumten Chancen nicht genutzt haben oder nicht nutzen konnten. Im Rahmen einer Produktionsschule besteht zusätzlich die Möglichkeit, den externen Hauptschulabschluss nachzuholen. Grundsätzlich zielt der Lebenshof auf eine Stärkung der Persönlichkeit. Auf diesem Wege sollen junge Menschen ihren Wert erkennen, Ziele verfolgen und Frustrationen verarbeiten können. Die Gewissheit, grundsätzlich von Gott gewollt und angenommen zu sein, spielt dabei eine entscheidende Rolle und möchte von den Mitarbeitern vermittelt werden. 

Ausgangspunkt für das Projekt waren Erfahrungen in unserer offenen Arbeit, in der Jugendliche auftauchten, die keiner Ausbildung oder Arbeit nachgingen. Weil das Evangelium Hand und Fuß hat und praktische Auswirkungen zeigt, waren Gründe der Glaubwürdigkeit ausschlaggebend für die Suche nach einem entsprechenden Projekt. Klar war von vorn herein, dass es sich nicht um eine Beschäftigung handeln sollte, sondern um eine Tätigkeit, die Wertschätzung vermittelt und die Teilnehmer in ihrem Selbstbewusstsein stärkt. So wurde von vorn herein auf die Produktion von marktfähigen Erzeugnissen orientiert. Zugleich sollten jede und jeder, die motiviert sind, einen unkomplizierten Zugang erhalten.

Diese Freiheit im Konzept gehört zu den Stärken des Projekts. Zugleich ist damit eine permanente finanzielle Unsicherheit angelegt, da es nicht in die gängigen und wechselnden Förder-Richtlinien passt und zu einem hohen Maß aus Spenden finanziert werden muss. Die Mitarbeitenden müssen eine hohe geistliche Motivation einbringen.

Am Beginn stand die Konzept-Entwicklung (die eine permanente Aufgabe bleibt, außer den Grundsätzen hat sich inzwischen fast alles geändert - vor allem auch durch die Anpassung an die jeweiligen sozialen Herausforderungen).

Danach wurde ein geeignetes Objekt gesucht und in unserem Fall erworben. Die notwendigen Bauarbeiten (die auch nach 12 Jahren noch nicht abgeschlossen sind) gehörten und gehören zum Projekt-Inhalt und werden unter Beteiligung der Jugendlichen durchgeführt.

Besondere Herausforderung bildet die Suche nach dem geeigneten und motivierten Personal. Der in Förderrichtlinien angewandte Personalschlüssel ist für unser Projekt nicht ausreichend.

Förderungen wurden beantragt, der Aufwand, um Mittel aus diesen Quellen zu beziehen, hat sich mehr als verdoppelt. War zu Beginn noch eine kommunale Förderung möglich, ist mittlerweile nur noch aus den Töpfen des Europäischen Sozialfonds ein Teil der Grundfinanzierung zu erhalten - mit der kompletten Bürokratie europäischer Mittel.

Eine entsprechend breite Palette von Werkstattbereichen hat sich entwickelt (Hauswirtschaft / Garten, Keramik, Holz, Bau), die notwendig ist, um Jugendliche mit verschiedenen Begabungen zu fördern und zu fordern. Der Aufbau eines deutschlandweiten Freundeskreises gehört zu den zentralen Aufgaben, eine intensive Öffentlichkeitsarbeit hat dazu beigetragen, dass die benötigten Spenden und hilfreichen Ideen jeweils vorhanden waren. Ohne die hohe Risiko-Bereitschaft der Gesellschafter und der Mitarbeiter wäre das Projekt nicht durchzuhalten. Bei aller gebotenen Professionalisierung bleibt der Lebenshof ein Glaubenswerk und beinhaltet immer neues Wagnis. In dieser Herausforderung liegen aber auch besondere Erfahrungen begründet, die so unter gesicherten Verhältnissen nicht zu sammeln wären. Dazu gehört etwa die wöchentliche Freitagsrunde. An diesem Tag gibt es ein gemeinsames Frühstück, in dessen Verlauf ein Mitarbeitender oder ein Gast in kurzen Worten eine Glaubenserfahrung weiter gibt. Anschließend hat jeder am Tisch Gelegenheit, sich zu seinen Erlebnissen in der vergangenen Woche zu äußern. Viele Jugendliche lernen dabei, sich vor anderen zu artikulieren.


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Publikationsdatum dieser Seite: Mittwoch, 7. Februar 2018 17:39